25.03.2015
HGON LM/WEL hat schwerwiegenden Verdacht:
Verhinderung des gesetzlichen Artenschutzes durch gemeinsame Sache zwischen
staatlichen Stellen und Investoren und das praktisch erwiesen!
Die Arbeitsgruppe der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz
e. V. (HGON) LM/WEL sieht offenkundige Anzeichen für eine "rechtswidrige
Kumpanei" staatlicher Stellen mit Windkraftinvestoren. Man sei überzeugt, dass
eine Klage vor Gericht großen Erfolg haben würde und mutmaßt sogar Methode und
Verhaltensmuster bundesweit.
Der Hintergrund: In der Gemeinde Villmar (Gemarkung
Seelbach) soll ein Windmessmast aufgestellt werden. Nach Angabe von Herbert
Friedrich, Kreisbeauftragter für Vogelschutz, in einer Entfernung von 720 Metern
zu einem Bruthorst des Schwarzstorches. Genehmigungsbehörde ist die Untere
Naturschutzbehörde des Kreises Limburg/Weilburg. Es sei unstreitig unter allen
Beteiligten, dass der hochgeschützte Bruthorst des Schwarzstorches dort in der
Entfernung von 720 Metern existiert. Erste Sichtungen von drei Schwarzstörchen
dieses Jahr seien durch die HGON festgestellt worden. Die anerkannten
Naturschutzverbände HGON und NABU hätten, unabhängig voneinander, aufgrund der
unstreitigen Sachlage aus naturschutzrechtlichen Gründen der Errichtung des
Windmessmastes wegen der Nähe zum Horst widersprochen. Herbert Friedrich,
Kreisbeauftragter für Vogelschutz, habe aufgrund empirischer Beobachtungen sehr
fundiert dargelegt, warum die Errichtung des Windmessmastes nicht vereinbar mit
den naturschutzrechtlichen Vorgaben sei.
Nun sollte man meinen, dass es bei der Unteren Naturschutzbehörde
zumindest an
Fachkenntnissen so bestellt ist, dass man weiß, dass der Schwarzstorch
als Kulturflüchter äußerst sensibel auf Veränderungen seiner Umwelt in
der Brutphase
reagiert und Gutachten, die diesem Aspekt zuwiderlaufen, zumindest
skeptisch
gegenüberstehen sollte. Nicht irgendjemand, sondern die
LÄNDERARBEITSGEMEINSCHAFT DER VOGELSCHUTZWARTEN (LAG VSW) habe ganz
aktuell für
den Schwarzstorch einen Mindestabstand von 3.000 Metern zum Horst sowie
einen
Prüfbereich von 10.000 Metern empfohlen. Zwar für Windenergieanlagen,
aber das
hätte die Alarmglocken bei den staatlichen Naturschützern auslösen
müssen. Dies
seien Basics, so Dieter Stahl von der HGON, die eine Naturschutz-
Fachbehörde
wissen müsse. Das sei Mindest- Sachverstand für eine Fachbehörde. Das
hätte die
Untere Naturschutzbehörde zumindest skeptisch gegenüber anderen Aussagen
machen
müssen, auch wenn diese in "Gutachten“ stünden. Aber noch etwas anderes
sei
merkwürdig bei der Genehmigung des Mastes für Villmar; es habe drei
Anläufe vom
gleichen Gutachter gegeben, bis es „passend“ war.
"Hier sind wir bei einem Punkt, so die HGON LM/WEL, der keine Fachkenntnisse fordert: Keine Behörde der Welt hätte bereits nach dem 1. Gutachten noch Glauben in die Seriosität haben dürfen. Allein der Umstand der weiteren Abläufe lässt keine andere Interpretation zu, dass sachfremde Erwägungen maßgeblich gewesen sein müssen."
Es sei zu befürchten, dass Methode und Verhaltensmuster kein Einzelfall seien. Allerdings sei dieser Fall wohl einmalig, weil offensichtlich die Beweisführung gerichtsfest vorzuliegen scheine.
Der Fall sei exemplarisch für die aktuell, durch die Politik hervorgerufene Situation: Zwar gelten die artenschutzrechtlichen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes unmittelbar, so dass jeder Investor die artenschutzrechtliche Unbedenklichkeit seiner Planung belegen und sicherstellen müsse. In der Praxis sehe man aber an dem Beispiel Villmar, dass bei kaum einer Planung tatsächlich eine sachgerechte Bewertung des Kollisionsrisikos des Schwarzstorches erfolge, zumal von der Hessischen Landesregierung keinerlei wirklich methodische Vorgaben und Bewertungsmaßstäbe definiert worden seien. Die HGON LM/WEL habe, ohne Erfolg, auf dieses Problem bei Frau Ministerin Hinz hingewiesen. Es liege auf der Hand, dass die von den Investoren beauftragten Planungs- und Gutachterbüros also zunächst völlig selbständig darüber befinden sollen, welchen Untersuchungsaufwand sie z.B. bei Raumnutzungsanalysen oder Vogelzugerfassungen betrieben und welchen Maßstab sie bei der Bewertung der artenschutzrechtlichen Verträglichkeit anlegen! Und natürlich tun sie dies, wie der Fall in Villmar zeige.
Es spreche alles dafür, dass gemeinsame Sache zwischen staatlichen Stellen und Investoren gemacht werde, um die artenschutzrechtlichen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes de facto außer Kraft zu setzen. Womöglich sei sogar im aktuellen Fall die Grenze zur Strafbarkeit überschritten worden.